BWI-Bauen-Wohnen-Immobilien_Nr. 2_2020
22 Effizienzhäuser W er neu baut, muss die unter- schiedlichsten Gesetze, Verordnungen, Erlasse und Regularien beachten, bevor die Planung für das Traumhaus genehmigt und dann umgesetzt werden kann. Auch beimBau vonMehrfamilienhäusern im Stadtgebiet Hannover sind regionale Vorschriften zu beachten. Ein Teil dieser Vorschriften zu Neubauten betrifft Ein- stellplätze für Autos. Bei der Errichtung von Neubauten gilt es, § 47 der Niedersächsischen Bau- ordnung (NBauO) zu beachten. Die Vor- schrift sieht vor, dass für Bauten, die einen Zu- und Abgangsverkehr mit Kraftfahrzeugen erwarten lassen, Ein- stellplätze zur Verfügung stehen müs- sen, die den zu erwartenden Parkplatz- bedarf abdecken können. Ohne diesen Stellplatznachweis wird keine Bauge- nehmigung erteilt. Aber wie stellt man fest, wie hoch der Stellplatzbedarf ist? Dieser wird bei Gebietenmit Einfamilienhäusern sicher geringer ausfallen als bei der Errichtung eines Einkaufszentrums. Aber auch hier hat die Bauverwaltung eine Lösung: Die Ausführungsbestimmung zu § 47 NBauO. Diese legt fest, wie viele Park- plätze für welchen Bau grundsätzlich nach den vorliegenden Erfahrungswer- ten erforderlich ist, um den Besuchern das Parken zu ermöglichen. Landeshauptstadt passt sich neuer Mobilität an In Zeiten sich ändernder Mobilitätsge- wohnheiten insbesondere in den Innen- städten ändert sich auch der Bedarf an Stellplätzen. Dies hat Hannover erkannt undwill eine Stellplatzsatzung erlassen. Damit soll das Bauen, insbesondere von Wohnungen, erleichtert werden. Beson- Landeshauptstadt ändert die Stel lplatzsatzung Der Bedarf an Parkplätzen ändert sich dereBerücksichtigung findet dabei, dass die von der NBauO festgesetzte Regel von einem Stellplatz pro Wohnung, also die so genannte 1,0-Regelung, nicht für alle Wohnformen erforderlich ist und je nach Stadtgebiet in einem niedrigeren Maß festgesetzt werden kann. Dies trägt dem Umstand Rechnung, dass erfah- rungsgemäß bei gefördertem sozialen Wohnungsbauvorhaben, der Errichtung von Seniorenwohnheimen oder Studie- rendenunterkünftenweniger Parkraum benötigt wird. Auch soll Berücksichti- gung finden, wenn im näheren Umfeld des Neubaus ein überdurchschnittlich gutes ÖPNV-Angebot oder Carsharing in der unmittelbaren Umgebung des Gebäudes vorhanden ist, eine über- durchschnittliche Anbindung an das Radwegenetz vorhanden ist und eine abschließbare und überdachte Fahr- radabstellanlage geschaffen wird. Hier ist eine Absenkung bis auf 0,2 möglich. Dies bedeutet, dass für fünf Wohnein- heiten nur noch ein Stellplatz nachge- wiesen werden muss. Allerdings sind hier je Stadtteil die örtlichen Besonder- heiten zu berücksichtigen: In Stadtteilen der gründerzeitlichen Stadterweiterung gilt ein Verhältnis Wohnung/Stellplatz von 0,8, in den äußeren Stadtteilen ein Richtwert von 0,5. Diese Einteilung berücksichtigt die unterschiedlichen baulichen Strukturen, den Motorisie- rungsgrad und das vorhandene Mobili- tätsverhalten. Bei Wohnheimen für Se- nioren oder Studierenden wird nun nicht mehr auf die Wohneinheit, son- dern auf die Bettenanzahl abgestellt. Chance und Risiko zugleich Die neue, auf Hannover zugeschnittene Regelung soll insbesondere für Wohn- viertel gelten, die gut mit Bus, Bahn oder dem Fahrrad zu erreichen sind. Ob die Erleichterungen beimStellplatz- nachweis den dringend benötigten Bau neuer Wohnungen erleichtert oder nicht doch zu einem noch größeren Parkplatzproblem in den städtischen Wohngebieten führt, bleibt abzuwar- ten. Der Rat wird diese Überlegungen bei seiner noch anstehenden Abstim- mung über den Entwurf der neuen Satzung zu berücksichtigen haben. Andreas Tietgen Andreas Tietgen Geb. 1964, verh., drei Kinder 1982-1985 Ausbildung zum Bankkaufmann Studium Rechtswissenschaften und Sozialwissenschaften in Hannover Seit 1997 selbst. Anwalt, 2004 Mitbegründer der Anwaltssozietät „Rechtsanwälte im Pelikanviertel“ www.anwalt-hannover.eu Bundesverband für die Immobilienwirtschaft, Verbandsjurist Niedersachen https://www.bvfi.de/verbandsjuristen Spezialisiert auf Grundstücks- und Immobilienrecht, Bau- und Handwerkerrecht, Mietrecht Fachbuchautor rund um die Immobilie bei Haufe und Koch Media Foto: Tietgen privat
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