BWI-Bauen-Wohnen-Immobilien_Nr. 2_2020
März/April 2020 3 I n Deutschland haben Gebäude einen erheblichen Anteil am gesamten Energieverbrauch. Und in kaum einem anderen Bereich lohnt es sich so sehr, Investitionen in den Klimaschutz zu tätigen, wie im Gebäudebereich. Damit das Klimaziel eines „nahezu klimaneutralen Gebäudebestands“ 2050 erreicht werden kann, muss heute schon beim Neubau die Gebäudehülle einen möglichst hohen energetischen Standard erhalten, damit später unwirtschaftliche energetische Sanierungen vermieden werden. Unter Berücksichtigung baukultureller Aspekte, wie zumBeispiel bei den Fach- werk- und Klinkerfassaden im Norden, sind energetische Sanierungen an der Gebäudehülle manchmal überhaupt nicht oder nur mit geringerer Wirksamkeit möglich. Deshalb muss für das Klimaziel 2050 der energetisch ambitionierte Neu- bau hier ausgleichen, was im Gebäudebestand nicht zu schaffen sein wird. Je höher dieser Standard, desto geringer schon jetzt die Energiekosten der Mieter und der CO 2 -Ausstoß. Die entscheidende Aufgabe liegt dabei im Gebäudebestand: Etwa 63 Prozent der Wohngebäude in Deutschland wurden vor dem Inkrafttreten der ersten Wärmeschutzverordnung im Jahr 1979 errichtet. Folglich sind die Effizienz potenziale bei älteren Häusern besonders hoch: Sie verbrauchen bis zu fünfmal mehr Energie als nach 2001 errichtete Neubauten. Gleichzeitig müssen wir natürlich darauf achten, dass Bauen und Wohnen bezahlbar bleibt. Dabei sind energetische Anforderungen im Gebäudebereich nicht der zentrale Kostentreiber im Bausektor. Steigende Baukosten sind gerade auchdurchandere Faktorenmaßgeblichbeeinflusst, wie zumBeispiel hoheBauland preise, Immobilienspekulation oder das Herstellen von hohem Wohnkomfort. Das Ziel einer gerechten Gesellschaft kann nur sein, dass Mieterinnen und Mieter sowie Eigentümerinnen und Eigentümer in ihrenMöglichkeiten nicht über- fordert werden. Wir müssen sozialverträgliche und wirtschaftliche Lösungen finden, um bezahlbares Wohnen nachhaltig zu sichern. Dies kann dann gelingen, wenn Zielkonflikte von bezahlbarem Wohnraum unter gleichzeitiger Berück sichtigung der Klimaschutzziele entschärft und kreative praktikable Konzepte erarbeitet werden, die beide Komponenten berücksichtigen. Stephan Weil Niedersächsischer Ministerpräsident Editorial Liebe Leserinnen und Leser! Foto: Niedersächsische Staatskanzlei/Holger Hollemann
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