BWI-Bauen-Wohnen-Immobilien_Nr. 3

BWI Mai/Juni 2019 46 Der BWI-Rechtstipp: Baugrundstücke und Bauerrichtungsverträge (Teil 2) Vorsicht Falle: Die Grunderwerbsteuer Die Bestimmungen zur Grund- erwerbsteuer, die beim Kauf von Grundstücken und Immo- bilien anfällt, sind eigentlich recht eindeutig formuliert: Alles, was Grundstück undmit dem Grundstück fest verbun- den ist, unterliegt beim Kauf der Grunderwerbsteuer. Aber keine Regel ohne Ausnahme, insbesondere im deutschen Steuerecht. Beim Hausbauvertrag möch- ten Bauwillige eine Immobilie errichten und brauchen dazu naturgemäß ein Grundstück. Das ist natürlich auch den Hausbauunternehmen be- kannt. Häufig haben sie sich daher Grundstücke gesichert und mit den Grundstücksver- käufern Vereinbarungen ge- troffen. Diese Reservierungs- vereinbarungen regeln, dass der Verkäufer eines Grundstü- ckes nur an Interessenten ver- kauft, wenn diese sich zum Bau mit diesem bestimmten Bauunternehmen verpflich- ten. Umgekehrt bieten aber auchBauunternehmenGrund- stücke an, die sie entweder bereits selbst erworben ha- ben oder die sie für Bauwillige des Unternehmens vorver- traglich gesichert haben. Wo der Hase im Pfeffer liegt Für den Käufer scheint die Sache einfach zu sein: Grund- stück und Hausbau aus einer Hand oder zumindest keine aufwändige Suche nach ei- nem geeigneten Grundstück und ein Ansprechpar tner, über den alles geregelt wird. Aber gerade hier liegt der Hase im Pfeffer: Bei bestimm- ten Konstellationen wird näm- lich Grunderwerbsteuer nicht nur auf den Kaufpreis des Grundstücks, sondern auch auf die Errichtungskosten des Hauses berechnet. Dazu ge- hören auch Aufwendungen im Zusammenhang mit dem Bau wie Vermessungs-, Makler- und Erschließungskosten. Hierüber werden Bauwillige bei Abschluss des Bauvertra- ges selten aufgeklärt, denn eine steuerliche Beratung er- folgt durch die Bauunterneh- men naturgemäß nicht. Später Brief vom Finanzamt Kauft man also zunächst das Grundstück, muss auf den Kaufpreis Grunderwerbsteuer entrichtet werden. Später wird dann wie vereinbart das Haus durch das Bauunterneh- men errichtet. Mitunter Jahre später erreicht einen dann ein Schreiben des Finanzamtes, in demman aufgefordert wird, die Errichtungskosten des Hauses mitzuteilen. Kommt man dieser Aufforderung als pflichtbewusster Steuerbür- ger nach, wird durch das Fi- nanzamt eine Nachberech- nung der Grunderwerbsteuer auch auf die Errichtungskos- ten des Hauses erstellt. Die Zahlungsaufforderung zur Nachzahlung ist mit der Aufla- ge verbunden, innerhalb von vier Wochen die Nachzahlung zu leisten. Falle schnappt zu Beim Finanzamt beruft man sich dabei auf die „Gleich lau- tenden Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder zumGegenstand des Erwerbs- vo r g a n g s ( E i nh e i t l i c h e s Vertragswerk/Einheitlicher Erwerbsgegenstand) vom 20. September 2017“. Diese Erlasse besagen, dass der Gegenstand des Erwerbsvor- gangs das Grundstück in (zukünftig) bebautem Zu- stand ist. Wenn also beim Kauf des Grundstückes schon klar war, dass das Grundstück mit einem bestimmten Haus bebaut werden soll, unterlie- gen auch die Errichtungskos- ten des Hauses der Grunder- werbsteuerpflicht. Bei der Beurteilung, ob ein einheitli- cher Erwerbsvorgang vorliegt, stellt das Finanzamt insbe- sondere darauf ab, ob der Er- werber des Grundstückes zum Zeitpunkt des Kaufs in seiner Entscheidung frei war, ob und mit welchem Anbieter er das Grundstück bebauen will. Ist dies nicht der Fall, geht das Finanzamt davon aus, dass „ein zu einem objektiv engen sachlichen Zusammenhang führendes Zusammenwirken der Personen auf der Veräuße- rerseite vorliegt, wenn diese ihr Verhalten aufeinander ab- stimmen und dadurch bewir- ken, dass der Interessent das Grundstück nur erhält, wenn er auch die Verträge über die Erbringung von Bauleistun- g e n a b s c h l i e ß t . “ D a n n schnappt die Falle zu und der Käufer ist mit einigen tausend Euro zusätzlicher Grunder- werbsteuer belastet. Bei Grundstücksangebot hellhörig werden Das kann gerade in den An- fangsjahren einer Baufinan- zierung für junge Familien zu einer kaum zu stemmenden Belastung werden. Bauwillige sollten daher hellhörig wer- den und vorsichtig sein, wenn Bauunternehmen Grundstü- cke zur Vermittlung anbieten, auf denen die Immobilie er- richtet werden kann oder wenn Grundstücksverkäufer darauf bestehen, dass das Grundstück mit einem Haus durch einen bestimmten Bau- unternehmer bebaut werden soll. Dabei können die Fall- konstellationen vielschichtig und unterschiedlich sein, so dass jeder Einzelfall individu- ell zu betrachten ist. Information Rechtsanwalt Andreas Tietgen Pelikanplatz 3 30177 Hannover Tel. (0511) 35 33 46-41 andreas.tietgen@rae-drr.de www.anwalt-hannover.eu Andreas Tietgen Geb. 1964, verh., drei Kinder 1982-1985 Ausbildung zum Bankkaufmann Studium Rechtswissen- schaften und Sozialwis- senschaften in Hannover Seit 1997 selbst. Anwalt, 2004 Mitbegründer der Anwaltssozietät „Rechts- anwälte im Pelikanviertel“ www.anwalt-hannover.eu Spezialisiert auf Grund- stücks- und Immobilien- recht, Baurecht, Mietrecht Bundesverband für die Immobilienwirtschaft, Ver- bandsjurist Niedersachen https://www.bvfi.de/ver- bandsjuristen Sachbuchautor https://shop.haufe.de/ p rod/ immob i l i en - a l s - geldanlage https://shop.haufe.de/ prod/immobilienverkauf- leicht-gemacht-inkl-ar- beitshilfen-online

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