BWI-Bauen-Wohnen-Immobilien_Nr. 3_2023

Juni/Juli 2023 35 Alles wird teurer. Erstaunlich, wie schnell man sich daran gewöhnt. Hohe Benzinpreise führen ja auch nur kurzfristig zu einer defensiven Fahrweise. Die allgemeine Preissteigerung – vulgo: Inflation – gilt gemeinhin als unvermeidbar. Doch nicht alle Preise sind gleich gestiegen: Anhand der Abweichungen einzelner Güter und Leistungen von der Inflation ist erkennbar, ob sich die Preise eher maßvoll oder unangemessen entwickeln. Das Preisdilemma um die Wärmpumpe stellt hier ein sehr gutes Beispiel dar. 2020 kostete die Installation einer Luft-Wasser-Wärmepumpe rund 15.000 Euro. Kaum drei Jahre später erscheinen über 30.000 Euro akzeptabel, mit Heizkörpertausch gern auch 40.000 Euro. Etablieren sich diese Preise, entspräche das einer Steigerung von 100 Prozent in drei Jahren. Wären für Autos solche Preissteigerungen akzeptabel? Laut ADAC sind die Neuwagenpreise in den vergangenen fünf Jahren um 19 Prozent gestiegen, bei einem zeitgleichen Inflationsanstieg um rund 16 Prozent. Davon ist bei Wärmepumpen nur zu träumen. Doch Autos wie Wärmepumpen sind Produkte des Maschinenbaus. Und da Fachkräftemangel und Lieferkettenprobleme ja beide Branchen Energieexperte Florian Lörincz über Preisanstiege auf dem Wärmemarkt Man gewöhnt sich an alles betreffen, gibt es im Wärmepumpenmarkt womöglich andere Ursachen für die Preissteigerung. Woher der Preisanstieg? Laut Statistischem Bundesamt ist das Heizungshandwerk überdurchschnittlich teurer geworden. Verbraucher:innen zahlten im Januar 2023 durchschnittlich 19 Prozent mehr für eine Leistung als im Vormonat. Die zeitgleiche Teuerung der Preise lag mit 8,7 Prozent jedoch deutlich darunter. Wurde der Markt mit Förderungen wie dem Marktanreizprogramm (MAP) des Bundes möglicherweise aufgeheizt? Das MAP ist in die Bundesförderung Effiziente Gebäude (BEG) eingebunden. Wärmepumpen werden in diesem Programm mit bis zu 40 Prozent der Kosten bezuschusst. Dass Fördermittel jedoch „Mitnahmeeffekte“ bewirken, gilt als Binsenweisheit. Eigentlich taugt der Begriff als Unwort des Jahres, da es ungehemmtes Gewinnstreben auf Kosten Dritter „vernebelt“. Der Wärmepumpenmarkt ist ganz offenbar in „Goldrauschstimmung“ geraten. Wer soll das bezahlen? 2020 betrug der Eigenanteil rund 10.000 Euro für die Installation einer 15.000 Euro teuren Wärmepumpe ohne Heizkörpertausch bei einer Förderung von 35 Prozent. Der Eigenanteil würde mit aktueller Förderung über 20.000 Euro liegen, sollten sich Installationspreise von bis zu 40.000 Euro etablieren. Das heißt letztlich: Verbraucher:innen werden zusätzlich belastet, weil der Bund tiefer in die Tasche greift und entsprechende Steuermittel verloren gehen. Was könnte funktionieren? Wo liegt also der Fehler? Der Förderung fehlt ganz eindeutig eine wirkungsvolle Preisregulierung. Die aktuelle Förderung für Einzelmaßnahmen (BEG EM) ist mit 60.000 Euro pro Wohneinheit für die förderfähigen Kosten gedeckelt. Diese Pauschale liegt jedoch deutlich über den angemessenen Kosten einer Wärmepumpeninstallation und bietet auch so noch Preissteigungspotenzial. Wichtig wäre es, dass der Förderdeckel näher an den angemessenen Kosten der jeweiligen Einzelmaßnahme liegt. Das aktuelle Preisniveau ist durch Marktanreiz des Bundes jedoch unangemessen hoch, taugt also nicht als Maß. Eine Möglichkeit wäre, dass sich die förderfähigen Kosten an Gebäudegröße und Baujahr orientieren. Die vom Bund geplante einkommensabhängige Staffelung zur gerechten Lastenverteilung könnte mit eingebunden werden. Es gibt viele Möglichkeiten. Letztlich muss der Bund einen angemessenen Weg finden, dass der Verbraucherschutz nicht unter die Räder der Wirtschaftsförderung gerät. Immerhin führen mit dem zukünftigen GEG die meisten Wege zur Wärmepumpe, was der Branche ausreichend Marktanreiz und Investitionssicherheit bieten sollte. Macrovector / Freepik.com Dipl.-Ing. (FH) Florian Lörincz Berater der Verbraucherzentrale Niedersachsen

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