BWI-Bauen-Wohnen-Immobilien_Nr. 4_2020

46 Andreas Tietgen Studium Rechtswissenschaften und Sozialwissenschaften in Hannover Seit 1997 selbst. Anwalt, 2004 Mitbegründer der Anwaltssozietät „Rechtsanwälte im Pelikanviertel“ www.anwalt-hannover.eu Bundesverband für die Immobilienwirtschaft, Verbandsjurist Niedersachsen www.bvfi.de/verbandsjuristen Spezialisiert auf Grundstücks- und Immobilienrecht, Bau- und Handwerkerrecht, Mietrecht. Fachbuchautor rund um die Immobilie bei Haufe und Koch Media S eit dem1. Juli 2020 gilt – vorüber­ gehend bis zum 31. Dezember 2020 – ein gesenkter Mehrwert­ steuersatz von 16 bzw. fünf Prozent. Doch was bedeutet das für den Privat­ haushalt undworauf sollteman achten? Die Senkung der Mehrwertsteuer soll nach Angaben der Bundesregie­ rung insbesondere dazu dienen, die Nachfrage nach Konsumgütern, die durch die Corona-Krise gesunken ist, wieder anzuheben, um die Wirtschaft aus der Talsohle zu führen. Ob diese Rechnung aufgeht, bleibt abzuwarten. Endkunden ist anzuraten, die Preisge­ staltung des Handels zu beobachten, denn es ist fraglich, ob die Senkung zum Endkunden durchgereicht wird. Erfah­ rungswerte liegen naturgemäß noch nicht vor, aber es darf bezweifelt wer­ den, dass Speisen in der Gastronomie – hier soll die Mehrwertsteuersenkung auf fünf Prozent dauerhaft auch über den 31. Dezember 2020 hinaus, dann aber auf sieben Prozent bis zum30. Juni 2021, gelten – sich tatsächlich in den Preisen niederschlagen. Hier ist wohl vielmehr daran gedacht worden, den Gastwirten eine höhere Gewinnmarge zukommen zu lassen, was angesichts der monatelangen Schließungen und der weiterhin bestehenden Einschrän­ kungen nachvollziehbar ist. Umsatzsteuersenkung spürbar? Aber auch andere Konsumgüter sollen von der Mehrwertsteuersenkung profi­ tieren. Hier stellt sich allerdings die Fra­ ge, ob die Schuhe, die vorher 150 Euro gekostet haben, nun eher gekauft wer­ den, wenn sie – rein rechnerisch – doch nur noch 146,22 Euro kosten. 3,88 Euro Ersparnis dürften in diesem Preisseg­ ment eher keinenwesentlichen Einfluss Der BWI -Rechtst ipp Mehrwertsteuersenkung: Darauf sollten Sie achten! auf die Kaufentscheidung haben. An­ ders könnte die Senkung aber im Hochpreissegment durchaus Wirkung zeigen. Ob ein Pkw nun 50.000 Euro oder 48.740 Euro kostet, ist dann doch spürbar. Allerdings lockendieAutohänd­ ler im Allgemeinen zur Verkaufsförde­ rung mit Rabatten und kostenfreien Zusatzausstattungen, sodass sich ein genaues Hinsehen lohnt. Auf Abrechnungen achten! Interessant kann die Mehrwertsteuer­ senkung bei wiederkehrenden Zahlun­ gen werden. Achten Sie bei der nächs­ ten Handy- und Telefonrechnung darauf, dass Ihr Anbieter die Steuer­ senkung tatsächlich berücksichtigt hat. Zählerstände festhalten! Bei Strom- und Gasanbietern muss die Steuersenkung nicht zwingend beach­ tet werden. Spätestens aber bei der Jahresabrechnung muss für die jewei­ ligen Monatsverbräuche ein höherer oder niedrigerer Steuersatz ange­ wandt, ausgewiesen und berechnet werden. Hier ist es also geboten, die Zählerstände festzuhalten, zu doku­ mentieren und dem Versorger mitzu­ teilen. Andernfalls kann nämlich bei der Endabrechnung der zeitanteilige Ver­ brauch auch geschätzt werden, was nicht zwingend vorteilhaft sein muss. Wird die Jahresabrechnung zwischen Juli und Dezember 2020 erstellt, unter­ fallen die Verbrauchsbeträge übrigens insgesamt dem reduziertenMehrwert­ steuerbetrag, wenn nicht vertraglich Zwischenabrechnungen vereinbart und erfolgt sind. Hier lohnt sich ein Blick ins Kleingedruckte! Es bleibt insgesamt abzuwarten, ob die Steuersenkung sich positiv auf das Konsumverhalten auswirkt oder der Wirtschaft lediglich einen erhöhten Verwaltungsaufwand beschert. Andreas Tietgen Foto: Tietgen privat

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