Birdie | Ausgabe 5 April 2024

Ein Sportler, der sich für das Golf spielen entschieden hat, ob freizeitmäßig oder als Profi, muss eins wissen: Er spielt – egal ob allein oder im Flight – gegen sich selbst und seine Erwartungen an sich. Golf ist kein einfacher Sport! Viele verschiedene Muskeln sind bei einer Schwungbewegung beteiligt. Es braucht viel Übung und Disziplin, den Bewegungsablauf so einzustudieren und als sogenannte „Bahnung“ im Gehirn anzulegen, damit dieser Bewegungsablauf gespeichert und bei jedem einzelnen Schwung wieder abgerufen werden kann. Auch Profis arbeiten ständig an der Verbesserung ihrer Schläge auf der Range. Wenn der Schwung auf der Abschlagsmatte perfekt funktioniert, heißt das noch lange nicht, dass auf der Runde alles bestens läuft. Selbst kleinste Geländeveränderungen, Schräglagen beim Abschlag, Sichtbehinderungen zum Ziel, Wind, Hindernisse im Blickfeld, Gegenlicht, Regen – die Wahrnehmung, beeinflusst den im Training geübten Bewegungsablauf sehr stark und schon geht der Ball in eine Richtung, die nicht kalkuliert war. Der kürzeste Golferwitz: „Ich kann‘s.“ Jede Sekunde gleicht unser Gehirn über die Wahrnehmung mit unseren fünf Sinnen die neuen Bilder mit den bereits gespeicherten Erfahrungen ab. Stimmt etwas nicht überein, müssen wir das Gelernte ergänzen und mit neuem Verhalten anpassen. Dumm ist dabei nur, dass diese Vorgänge sich in Bruchteilen von Sekunden abspielen und uns diese nötigen Anpassungen meistens nicht bewusst sind. Hier spielt uns unsere feine Wahrnehmung, die zu 80 Prozent unbewusst erfolgt, einen ordentlichen Streich. Eben noch den besten Schwung mit einem Super-Treffmoment in Topweite und die gewünschte Richtung gespielt. Und im nächsten Moment fliegt der Ball mit einem unangenehmen Geräusch beim Abschlag nur wenige Meter weit. Was ist passiert und warum? War ich vielleicht schon in Hochstimmung in Bezug auf meine Ziele? Hatte ich Befürchtungen, mein Ziel vielleicht nicht zu erreichen? Und sollte der nächste Schwung nicht genauso gut werden, damit ich gewinnen kann? Das Gedankenteufelchen hat Emotionen und Gefühle ausgelöst und ich war für Bruchteile von Sekunden nicht ganz bei der Sache. Die Konzentration ließ kurz nach, der Fokus ging verloren und schon hat das Gehirn mit der Reaktion „Adrenalinausschüttung“ reagiert. Und nun herrschen andere Bedingungen im Körper. Adrenalin verkürzt unsere Muskulatur. Diese ist angespannt und das sorgt dafür, dass sich das Ansprechen vom Ball verändert. Die trainierten Bewegungen müssen angepasst werden. Man kann den Schläger kürzer nehmen, den Oberkörper etwas mehr aufrichten, die Knie weniger beugen. Wenn man überhaupt nicht reagiert, wird der Ball nicht optimal abgeschlagen. Adrenalin baut sich über Bewegung wieder ab. Aber wie lange dauert das? Hier ist mentales Training schon vor dem Spiel nützlich. Wie lange benötige ich, um mit Enttäuschungen umzugehen? Was bedeutet für mich ein Misserfolg? Wie reagiere ich bei nicht erfüllten Erwartungen? Der berühmte Flow-Zustand, der Moment höchster Konzentration und Präsenz im JETZT – wie komme ich nach einem solchen Erlebnis wieder dorthin zurück? Profispieler trainieren grundsätzlich nicht nur auf der Range und dem Platz, sondern auch mental, weil sie diese Auswirkungen minimieren wollen. Das Ziel bei diesem Training ist emotionale Gelassenheit im Hier und Jetzt und höchste Konzentration bei jedem Schwung. Das Ergebnis ist dann der Flow-Zustand. Bei Profi-Golfern nimmt die Vorbereitung einer Runde eine Menge Zeit Warum Golf so gern von Unternehmern gespielt wird Vision – Strategie – Entscheidung – Umsetzungsprozess Dran Bleiben – Erfolge feiern Text: Sabine Wehrhahn COACHING | SABINE WEHRHAHN www.birdie-magazin.de 44 Birdie 01|2024

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