SAILAWAY | Ausgabe 1 - 2025

des jungen Mannes schätzen gelernt. So war es kein Wunder, dass er den 32-Jährigen zu einer schwierigen, 1762/63 anstehenden Militäroperation mitnahm. Historischer Hintergrund: dem Bückeburger Schlossherrn war von den Engländern der Oberbefehl über die Streitkräfte des von Frankreich und Spanien bedrängten Portugal übertragen worden. Um das dortige Militär fit zu machen, brach er am 25. Mai 1762 mit etwa 70 Ausbildern und Waffenspezialisten in seine neue Kommandozentrale Pedrosa in Portugal auf. Glaubwürdigen Berichten zufolge machte Praetorius seinem Dienstherrn während der mehr als 3 ½ Monate dauernden Schiffsüberfahrt die Idee einer „Advis Jagt“ (Aviso-Yacht, Aviso = schnelles Nachrichtenschiff) schmackhaft. Damit könne man „in der Zeit von 6 Tagen, das Wetter sey wie es wolle, von der Weser bis Lissabon ohnfehlbar fahren“, soll Praetorius dem Grafen versichert haben. „Kein Schiff in der Welt“ werde in der Lage sein, das Boot aufzuspüren oder gar anzuhalten, weil es sich bei Sturm, starkem Seegang und Begegnung mit Rückblick feindlichen Schiffen unter Wasser vorwärtsbewegen könne. Das schien Eindruck gemacht zu haben. Darüber hinaus passte der Vorschlag in die militärstrategischen Vorstellungen des Landesherrn. Der hatte bekanntlich zur Verteidigung seines Mini-Staates – selbst für Experten überraschend – den Bau einer Inselfestung in Auftrag gegeben. Nach einigem Zögern stimmte der Graf dem Praetorius-Plan zu. Für den jungen Mann aus dem Brandenburgischen war es die Erfüllung eines Kindheitstraums. Nach eigenem Bekunden hatte er „schon in seiner ersten Jugend „den Entschluß gefaßt, entfernte und unbekante Welttheile zu durchforschen“ und dabei mit einem Tauchschiff „geographische Entdeckungsreisen unter beyde Pole der Welt“ zu unternehmen. Bei der Suche nach einem praktischen Lösungsansatz für das Vordringen in die Tiefen des Meeres konnte sich Praetorius – genauso wie alle anderen Tüftler und Wissenschaftler vor ihm - nur den Nachbau eines Fischkörpers und das Nachempfinden von dessen Bewegungsabläufen vorstellen. „Die Beschaffenheit dieser Wesen lehrt uns, wie etwas technisch zu bewerkstelligen ist“, war sich der französische Philosoph und Mathematiker Marin Mersenne (1588 bis 1648) in seinem 1634 herausgegebenen Standardwerk „Phaenomena hydraulica“ sicher. Die Gestalt eines Unterwasserfahrzeugs sei „füglich die beste von allen, wenn sie der Gestalt der Fische“ nachstrebe. Dieser Vorstellung entsprechend ging Praetorius zu Werke. Das Gros seiner dabei zu Papier gebrachten Untersuchungen, Berechnungen und Ideenskizzen ist verloren gegangen. Auch über Größe, Aussehen und technische Ausstattung der 1772 auf dem Wilhelmstein entstandenen Bootskonstruktion ist wenig bekannt. Als Quellen stehen heute nur noch einige als Kopien erhaltene und mit stichwortartigen Erläuterungen versehene Bauzeichnungen zur Verfügung. Danach war eine mehr als 30 Meter lange und zwei Meter hohe Eichenholzkonstruktion geplant. Zur Fortbewegung über Wasser sollten zusammenklappbare, flossenförmige Segel dienen. Fürs Vorwärtskommen unter Wasser musste die 40köpfige Besatzung die Schwanzflosse mit Stricken in Schlagbewegungen versetzen. Das Traggewicht insgesamt war auf „150 Centner Waare“ berechnet. Über den Verlauf des Stapellaufs ist nichts überliefert. Angeblich verharrte der „Fisch“ nach dem Eintauchen zwölf Minuten unter Wasser. Zweifel sind angebracht. Das Ereignis geriet schnell in Vergessenheit. Praetorius wechselte einige Jahre später in portugiesische Dienste über und soll in den 1790er Jahren als hoch angesehener und dekorierter Mann in seiner Wahlheimat verstorben sein.  Im Laufe der Jahre weiter entwickeltes, mit flossenartigen Segeln und einem beweglichen Schwanz ausgestattetes „Fisch-Modell“. 39

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