BWI-Bauen-Wohnen-Immobilien_Nr. 6_2022

Dezember 2022/Januar 2023 3 Editorial Liebe Leserinnen und Leser! Krieg in der Ukraine, steigende Energiepreise, höhere Zinsen, explodierende Baukosten, Handwerkermangel, wenig bezahlbarer Wohnraum und nicht zuletzt die Klimakatastrophe … die Herausforderungen, die auf Immobilieneigentümer:innen zukommen, sind immens. Neben den Energiekosten, die aus den Nachrichten kaum noch wegzudenken sind, steht aktuell in der EU eine Anpassung der Gebäuderichtlinie an, über die so gut wie nicht berichtet wird. Ein Paradigmenwechsel steht bevor, wenn der Entwurf so von den Mitgliedsstaaten durchgewunken wird. Aber warum würde das eine so große Herausforderung darstellen? Fast jede Entscheidung in der EU wird nunmehr unter dem Gesichtspunkt des Klimaschutzes getroffen. So auch im Gebäudesektor, der einen wesentlichen Beitrag dazu leistenmuss. Bislang setzten dieMitgliedsstaaten bei der energetischen Sanierung von Gebäuden mehr oder minder auf Freiwilligkeit. Geht es nach dem Entwurf der neuen EU-Gebäuderichtlinie, so wird sich das grundlegend ändern. Europaweite Gebäudeenergieklassen sollen eingeführt werden – ähnlich der Energieklassen von Elektrogeräten – sowie eine bedingungslose Sanierungspflicht für alle Gebäude in den beiden schlechtesten Kategorien. Dazu ein paar Zahlen. Die Sanierungsrate der Gebäude liegt in der EU bei unter einem Prozent, ebenso wie in Deutschland. 15 Prozent der Gebäude in der EU sind nicht sanierungsfähig. Wenn eine Pflicht eingeführt wird, welche Sanktionen werden dann folgen? Und wenn man sich die problematischste Gebäudegruppe, selbstgenutzte alte Eigenheime mit einem Baujahr vor 1970, anschaut: Welche Personengruppe wohnt in diesen Gebäuden? Alte Menschen. Es ist ein weit verbreiteter Irrtum, dass bei ihnen genügend Eigenkapital vorhanden ist, um die Gebäude energetisch zu sanieren. Fremdkapital über Finanzinstitute bekommen sie jedoch nicht mehr. Wenn also die EU-Gebäuderichtlinie so beschlossen wird, dann gilt der Leitsatz „Wer fordert, muss auch fördern!“. Da kommt noch eine gewaltige Welle auf uns zu. Die Förderlandschaft muss neu gedacht und angepasst werden, und die Immobilieneigentümer:innen müssen sich auf eine härtere Gangart einstellen. Aus der Freiwilligkeit wird ein Zwang. Aber auch das schaffen wir. Ihr Tibor Herczeg Verband Wohneigentum Niedersachsen e.V. Foto: Verband Wohneigentum Niedersachsen e.V.

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