BWI-Bauen-Wohnen-Immobilien_Nr. 4_2023

14 Energiesparen Altes Material mit zukunftsfähigen Eigenschaften Bauen und Dämmen mit Stroh Die Baubranche moniert es seit Jahren: Nicht nur Fachkräfte sind Mangelware, auch die verfügbaren Materialien verknappen sich und werden spürbar teurer. Moderne Effizienzgebäude brauchen jedoch hochwertiges Baumaterial und leistungsstarke Dämmstoffe. Ein neuer Trend zeichnet sich bundesweit auf Baustellen ab und nimmt langsam, aber sicher an Fahrt auf: Stroh. Stroh lässt sich nicht nur zum Dämmen, sondern auch als tragendes Element für die Gebäudehülle einsetzen. Erstmals wurden strohgedämmte Wände von nordamerikanischen Siedlern im holzarmen Nebraska um die vorletzte Jahrhundertwende errichtet. Stroh fällt als Nebenprodukt in der Landwirtschaft an, wird üblicherweise in der Tierhaltung genutzt oder in den Boden eingearbeitet. Beim Bauen und Dämmen bietet es unzählige Vorteile – zu den Vorurteilen kommen wir später. u Vorteil 1: Bauaufsichtlich anerkannt Inzwischen gibt es ausgereifte und sichere Verfahren zur Herstellung strohgedämmter Bauteile, die eine ähnliche Lebensdauer wie herkömmliche Bauteile haben. Der Fachverband Strohballenbau (FASBA) aus Verden konnte 2006 eine Zulassung für Baustrohballen erreichen, in der Eigenschaften wie Normalentflammbarkeit und Wärmeleitfähigkeit festgelegt wurden. Mit der neuen Strohbaurichtlinie liegt seit 2014 ein Standard für fachgerechtes Bauen mit Stroh vor. Damit lässt sich Stroh bis zur Gebäudeklasse 3 (bis zu drei Geschossen) ohne Weiteres einsetzen. u Vorteil 2: Nachhaltig Stroh ist regional und reichlich verfügbar und steht nicht in Konkurrenz zur Nahrungsmittelproduktion. Ganz nach dem Motto: Warum Material aus der Ferne ordern, wenn hier auf den Feldern so viel davon wächst? Durch die geringe Herstellungsenergie der Strohballen (bei gleichem U-Wert rund 40-fach geringer als bei Polystyrol bzw. rund 14-fach geringer als bei Mineralwolle) wird erheblich weniger CO2 emittiert. Eine Ökobilanzstudie kommt zu dem Ergebnis: Mit der Menge an Energie, die für die Herstellung eines konventionellen Massivbaus benötigt wird, kann man einen Strohbau errichten und 69 Jahre beheizen. u Vorteil 3: CO2-neutral Beim Getreidewachstum wird der Atmosphäre CO2 entzogen und im Stroh für die gesamte Nutzungsdauer des Gebäudes gespeichert. Als Wärmedämmung spart das Stroh dann im Gebäudebetrieb Heizenergie ein, sodass sich dadurch die CO2-Emissionen weiter reduzieren. Und last but not least wird bei der Herstellung von Baustrohballen im Vergleich mit anderen Baustoffen nur minimal Energie verbraucht und CO2 ausgestoßen. u Vorteil 4: Höchste Dämmstandards Wände und Dächer, die mit Stroh ausgefacht werden, erreichen nicht nur höchste Dämmstandards: Mit Strohballen kann praktisch jeder Wärmedämmstandard bis hin zum Passivhausstandard erreicht werden. Durch eine direkte Verputzung der Strohballen mit Lehm im Innenbereich entstehen wohngesunde Räume mit einem hervorragenden Raumklima. Strohballenhäuser können sowohl auf der Baustelle als auch mit Vorfertigung von Wand- und/oder Dachelementen errichtet werden. Zudem gelingt der Strohballenbau auch in EigenFoto: moorhenne/pixelio.de

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